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[Überblick]

Ich fand, es ist mal an der Zeit, ein wenig Ordnung in die Challenge zu bringen. Immerhin ist es auch für mich schwierig geworden, immer die...

19.07.2015

Hütten und Schlüssel

Bevor wir nun nach einer Pause, die schon wieder zwei Monate betrug, ohne dass ich es bemerkt hätte zu writing prompts kommen (hurray!), muss ich erst einmal einen großen Selbstverrat zugeben.
Das gedruckte Wort ist einfach wunderbar. Nichts schlägt den Geruch eines neuen Buches. Aber der Kindle Paperwhite war dann doch zu reizvoll, um ihn mir nicht zuzulegen. Ich bin die letzten Jahre fantastisch ohne ihn ausgekommen, aber ich habe bemerkt, dass es mir mit der Zeit auf den Rücken geht, immer Taschenbücher mit zur Arbeit zu nehmen. Die Optionen waren also Verzicht oder ein eBook Reader. Tja, so wurde ich, Verfechterin des gedruckten Wortes, zur stolzen Besitzerin eines Kindle der vorigen Generation. So ändert man seine Ansichten, wenn auch eher aus der Not heraus. Dass ein Kindle toll ist, kann ich nicht leugnen.

Nun aber zu anderen Dingen - jedenfalls teilweise.
Ich habe tatsächlich eine Datei gefunden, in der ich bereits mit writing prompts angefangen habe. Es handelt sich diesmal nur um "erste Sätze", aus denen eine Geschichte gestrickt werden muss. Ich werde versuchen, auch weiterhin daran zu denken, und sie in Reihenfolge der Bearbeitung zu posten.





Outside the cabin, the wind howled through the trees, while inside, the old woman's fire was nearly out.

Außerhalb der Hütte heulte der Wind durch die Bäume, während innen das Feuer der alten Frau beinahe erloschen war. Sie umklammerte ihren Kettenanhänger mit den kalten Händen und betete, dass nichts Böses geschah. Aber es war schon zu spät, das erkannte sie genau. Das Feuer müsste viel größer sein, die Flammen beinahe an der Decke züngeln, wäre alles in Ordnung. In den letzten Tagen jedoch konnte sie so viel Brennholz nachlegen wie ihr beliebte, das Feuer blieb klein, ja, geradezu mickrig. Und mit jeder Stunde wurde es mickriger. Die alte Frau wüsste gerne, was geschehen war. Sie wollte hinausziehen und nach ihm suchen, damit sie ihm helfen konnte. Das war jedoch nicht ihre Aufgabe. Sie musste das Feuer bewachen, soweit es ihr möglich war. Vagabunden davon abhalten, es zu löschen. Tiere davor schützen, in die kalte Flamme hinein zu laufen, weil das zu einer Störung führen konnte. Sie hatte ihre Aufgabe bisher erfüllt und wartete nur noch darauf, dass er zurückkehrte und sie davon erlöste. Doch das Feuer war beinahe erloschen. Er würde nicht zu ihr zurückkehren. Die Mission war gescheitert. Mit starrem Blick hielt sie das Feuer im Auge, während der Wind an der Hütte rüttelte. Der Kettenanhänger drückte sich unangenehm in ihre Hand. Es war egal. Alles war egal, wenn das Unmögliche geschah. Ohne ihn hatte auch sie keine Chance mehr. Sie befeuchtete ihre trockenen Lippen, als ein Ast gegen das Fenster geweht wurde und die Scheibe drohte, der Wucht des Aufpralls nachzugeben. Doch sie hielt. Wenigstens die Scheibe. Einen Moment wandte die alte Frau ihre Augen dorthin um, weil sie mehr Angst vor dem Sturm hatte, als sie sich erlauben durfte. Die Hütte war nur so stark wie die Flamme, sie waren miteinander verbunden, weil sie ein Teil von ihm waren. Da knackte es bedrohlich und der kalte Wind fegte durch den Innenraum der kleinen Hütte. Schnell sprang die alte Frau auf, überhörte den Protest ihrer Gelenke und schaute sich um, was kaputt gegangen war. Das Dach. Im Dach prangte ein großes Loch, das- doch weiter kamen ihre Gedanken nicht, als sie aus den Augenwinkeln sah, wie das Feuer erlosch. Sie musste hinaus, sofort, sonst würde die Hütte über ihr zusammenbrechen! Doch noch ehe sie die Tür erreicht hatte, war es geschehen. Die kleine Hütte wurde vom Sturm gepackt und weggezerrt. Der Körper der alten Frau konnte sich nicht gegen den Wind wehren. Und so, dachte sie in ihren letzten Sekunden mit einem wehmütigen Lächeln, sterbe ich also mit ihm, wie es sein soll.



Reluctantly, he handed over the key

Zögernd überreichte er den Schlüssel, den er so lange versteckt gehalten hatte. Die junge Frau vor ihm war keine Fremde und doch hatte er ihr niemals genug getraut, um ihr die Aufgabe zu übertragen, die sie nun erledigen würde. Es drehte sich immerhin um sein Herz, nicht um ihres. Ihn beruhigte nur, dass sie mit der Schlüsselannahme ihr Leben an seines band und somit nicht riskieren konnte, dem Herzen etwas wiederfahren zu lassen, das diesem schadete. Außer – und dieser Gedanke ängstigte ihn – sie sah keinen Sinn mehr in einem Fortbestand ihrer Existenz.
„Was ist das?“, fragte sie erwartungsgemäß, als sie ihre hellgrünen Augen von seinen Händen auf den Schlüssel richtete.
„Du wolltest doch wissen, was sich in der Hütte befindet. Damit wirst du es erfahren.“
Sie zog die Stirn in Falten, öffnete den Mund, sagte nichts. All diese Jahre, die sie einander nun schon kannten, hatten sie gelehrt, ihre Worte zurückzuhalten, wenn sie glaubte, sie seien unwichtig. Warum fragen, wenn sie nachschauen konnte?
Ohne eine weitere Silbe von sich zu geben, führte er sie den Weg entlang, dem sie ihm schon oft gefolgt war. Diesmal war sie nicht so beschwingt wie sonst, als würde sie ahnen, was nun kommen würde. Vielleicht tat sie das. Ihre Intuition war schon immer gut gewesen, auch wenn sie nach wie vor nicht erkennen konnte, dass er nicht gealtert war in den vergangenen zwölf Jahren. Sie hingegen war von einer Göre mit Zahnlücke und rötlichen Zöpfen zu einer Dame herangewachsen, nach der sich die Männer umdrehten. Sie bemerkte es nicht. So wenig es ihm behagte, hatte sie doch immer nur ein Auge auf ihn geworfen.
Je mehr sie sich der Hütte im Wald näherten, desto langsamer wurden sie. Dafür gab es keinen Grund. Nur die Klänge der Natur lagen in der Luft, zusammen mit der Ungewissheit, die beide plagte.
„Warum jetzt?“, fragte sie da schließlich.
Er schaute nicht zu ihr zurück, sondern hielt weiter auf die Tür zu. „Weil du wichtig bist.“
„Du sprichst schon wieder in Rätseln.“
Absichtlich und doch unbeabsichtigt. Da er selbst seine Aufgabe noch nicht genau kannte, war es kein Leichtes, sich angemessen auszudrücken. Trotz ihrer langen Bekanntschaft.
Vor der Hüttentür blieb er stehen, ehe er mit einer beiläufigen Geste darauf deutete.
„Erweist du mir die Ehre?“
Das Hellgrün ihrer Augen wandte sich von der Tür zu ihrer nun erhobenen Hand. „Er sieht ziemlich gewöhnlich aus, findest du nicht?“
„Wie meinst du das?“
„Du machst so einen Aufstand um einen so kleinen Schlüssel. Keine Schnörkel, keine Verzierung, nichts. Nur ein Schlüssel. Aber“, sie zögerte, während sie die Schultern straffte, „er fühlt sich komisch an. Er vibriert. Er ist wichtig.“
Er wusste genau, wovon sie sprach. Je näher man der Hütte kam, desto mehr versetzte sich der Schlüssel von selbst in Schwingung. Er reagiert auf das Herz, sein Herz, um das sie sich in Zukunft kümmern würde.
Als er nicht antwortete, schüttelte sie fast unmerklich den Kopf und steckte den Schlüssel ins Schloss. Klick. Wie immer knatschte die Tür beim Öffnen. Er hatte sie geölt, schon mehrere Male, ohne dass es jemals Erfolg gezeigt hätte.
„Oh“, war alles, was sie beim ersten Blick in die Hütte herausbrachte.
Er musste nicht hinschauen, um genau zu wissen, was sie sah: ein Feuer, das bis zur Decke reichte. Einzelne Flammenzungen leckten nach oben, einige bläulicher, andere eher rot.
„Es ist nicht heiß“, bemerkte sie trocken und machte einen Schritt hinein, dann noch einen. Mit geradem Rücken trat sie auf die Feuerstelle zu, neben der sie sich bückte. „Es pulsiert.“
Er trat neben sie und griff nach ihrer Hand, was sie kaum bemerkte. Ihr Instinkt ließ sie bereits nach dem Ausschau halten, was sich im Zentrum der Flammen befand, dort wo sie am heißesten sein sollten.
„Dieses Feuer brennt schon seit vielen Jahren.“
„Es brennt doch gar nicht“, unterbrach sie ihn und streckte die freie Hand in die kalten Flammen. Ein Muskel in seinem Arm zuckte protestierend.
„Pass auf, du bist dem Kern zu nahe“, mahnte er sie, was ihm einen fragenden Blick aus diesen großen grünen Augen einbrachte, die im Schein des Feuers leuchteten.
Sie zog ihren Arm zurück und beugte sich vor, bis sie erkennen konnte, was das Feuer umzüngelte. „Eine Sphäre? Was soll das-“
Da zog er sie nach oben, ein wenig zu fest, wie ein schmerzerfülltes Stöhnen von ihr deutlich machte, und legte ihre Hand auf seine Brust. Zuerst geschah nichts und sie verstand nicht, was das sollte. Doch dann begriff sie, nicht zuletzt, weil er deutlich aufgeregt war.
„Der gleich Rhythmus? Dein Herz und die Flammen pulsieren gleich? Das kann doch gar nicht…“
„Sie sind gekoppelt. Die Sphäre ist mein richtiges Herz. Es wird hier aufbewahrt, damit es überlebt, falls dieser Körper zerstört wird. Solange dieses Feuer die Sphäre wärmt, werde ich zurückkommen können und-“ Er schaute zu ihr hinab, in diese Augen, die nicht ängstlich aussahen, nur neugierig.
„Wie alt bist du?“
„Alt. Viel älter als ich aussehe.“ Dieses Gespräch würde eine Zeit dauern.

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