Empfohlener Beitrag

[Überblick]

Ich fand, es ist mal an der Zeit, ein wenig Ordnung in die Challenge zu bringen. Immerhin ist es auch für mich schwierig geworden, immer die...

07.07.2017

[16 Out Cold]

Hurrah! Ein neuer Beitrag zur Challenge!
Und diesmal sogar mit einem völlig neuen Charakter!
Das heißt leider, dass die Geschichte um Elrica und Christopher heute noch nicht fortgesetzt wird. Aber da kommt noch mehr, keine Sorge.



Rose schaute erst auf den Mann, der vor ihr auf dem Boden kauerte, dann auf ihre Hand. Ihre zu lange, zu schmale Hand mit der grauen Haut und den dürren Fingern. Ihre Nägel waren eher Krallen – wie geschaffen für einen Jäger.
Der Mann schaute aus hellblauen Augen zu ihr auf, ohne einen Mucks zu sagen. Sie verstand ihn auch so, die Angst stand ihm schließlich ins Gesicht geschrieben, seit er sie das erste Mal erblickt hatte.
„Du zögerst wieder?“, fragte Mutter von der Seite, etwas wie Gereiztheit in der Stimme. Anders kannte Rose es nicht.
„Ja.“
„Das ist anormal.“
„Ich weiß.“
Ein verächtliches Schnauben war alles, was Mutter dazu noch zu sagen hatte. Sie hatten oft miteinander diskutiert, dass etwas mit Rose nicht stimmen konnte. Natürlich sagte Mutter niemals ‚Rose‘, das war schließlich ihr menschlicher Name, den sie noch niemandem hier verraten hatte. Stattdessen benutzte Mutter immer diesen Namen, der aus einem Laut bestand, den kein Mensch jemals würde imitieren können. Das war wohl auch besser so. Zumindest ihre menschliche Familie sollte glauben, sie sei ganz normal – wo doch für ihre dämonische Familie feststand, dass sie eben nicht normal war.
Rose schaute wieder auf den Mann vor ihr. Inzwischen wimmerte er undeutlicher vor sich hin.
Sie wusste nicht einmal, was er getan hatte. Vielleicht nichts. Vielleicht war er ein herzensguter Mann wie der ältere Herr, der den Kindern völlig ohne Hintergedanken Süßigkeiten zusteckte. Viele Bewohner ihrer Straße hatten das mit Argwohn betrachtet, andere hatten ihn gleich als Perversen oder Pädophilen beschimpft. Doch der alte Mann freute sich nur an dem Lächeln im Gesicht eines Kindes, das unerwartet eine Kleinigkeit zugesteckt bekommt.
Der Mann vor Rose konnte zu diesen Menschen gehören, den Guten, die niemandem etwas antaten. Umso erstaunlicher, dass er es irgendwie geschafft hatte in eines der Portale in ihre Welt zu stolpern. Die wurden sonst vermehrt von schlechten Menschen gefunden.
Rose betrachtete ihn genauer. Wenn er nun doch zu den Bösen gehörte- dann war er immer noch ein Mensch und sie nicht sein Richter.
„Was ist jetzt?“, fragte Mutter ungeduldig.
Tat Rose nicht, was von ihr verlangt wurde, sperrten ihre Eltern sie in die dunkelste Ecke dieser Welt, wo sie über ihr Fehlverhalten nachdenken konnte. Es war ein Ort ohne Licht, ohne Wärme, ohne Ton. Man hatte dort nur sich selbst und trübe Gedanken. Nicht einmal mit Magie ließ sich dieser eine Fleck erhellen, weshalb er treffend als „das Nichts“ bezeichnet wurde. Dort war sie einmal gewesen, wobei sie beinahe den Verstand verloren hatte. Sie hatte noch immer Angst davor, dorthin zurückkehren zu müssen.
Es war doch nur ein Hieb.
Der Nacken des Mannes war weder von Haaren noch einem Kragen bedeckt.
Ihr war bewusst, dass ihr menschliches Antlitz nur eine Maske war, das Leben nur ein Schauspiel, das bald enden musste. Eigentlich hatte ihr Aussehen nichts Menschliches an sich, außer der groben Grundform. So sehr Rose sich auch wünschte, sie wäre als Mensch geboren, war sie es doch nicht. Das hier sollte in ihrer Natur liegen, wenn sie nur etwas mehr dem Ideal der Dämonen entspräche.
Langsam ging sie um den Mann herum, drückte seinen Kopf hinunter.
Seine Angst war greifbar, sein Wimmern kaum zu ertragen.
Rose schloss die Augen, holte aus und brach ihm mit einem gezielten Schlag das Genick.
Noch ehe er vollständig auf den Boden gefallen war, stellte sich Mutter näher heran. Ihre kleinen Augen musterten die Leiche reglos. So war es immer mit ihr. Ihr Gesicht erinnerte Rose mehr an ein Rind als an einen Menschen.
„Du sollst das Herz herausreißen“, dröhnte Mutters tiefe Stimme durch die Höhle, „das haben wir dir jetzt oft genug gesagt!“
Jedes Mal schor Rose, es beim nächsten Mal richtig zu machen. Sie würde den Brustkorb mit ihrer grauen Hand durchstoßen, das Herz mit ihren viel zu langgliedrigen Fingern packen und es hinausziehen. So sollte es schließlich sein.
Aber sie konnte das nicht machen.
„Es tut mir leid“, piepste sie kleinlaut.
„Wir geben dir noch eine Chance. Eine einzige. Beweise dich.“
Mit diesem Worten drehte Mutter sich um und verschwand. Das Zucken in ihren Flügeln ließ bereits von hinten erkennen, dass sie sich über etwas ärgerte.
Selbst als Tochter zweier hochrangiger Dämonen konnte Rose sich nicht zu viele Fehltritte leisten. Und davon hatte sie schon einige auf ihrer Karte, weil sie in ihren Gedanken schon als Kind mehr Mensch denn Dämon gewesen war.
Sie blickte auf die Leiche des Mannes und schluckte schwer. Sein Herz herausreißen? Das könnte sie nicht. Niemals!

2 Kommentare:

  1. Wow! Eine ganz andere Geschichte, als ich es erwartet hätte! :D Ich finde es toll, dass du so viele unterschiedliche Themen und Universen austestest und deine Ideen immer wieder so toll umsetzt. Großartig! :D

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    1. Dankeschön :) Rosie zu schreiben, hat auch viel Spaß gemacht. Ihr Hintergrund unterscheidet sich so sehr von dem meiner anderen Chataktere, dass ich einen Moment besorgt war xD

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