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[Überblick]

Ich fand, es ist mal an der Zeit, ein wenig Ordnung in die Challenge zu bringen. Immerhin ist es auch für mich schwierig geworden, immer die...

01.08.2015

Bücher 2015 - Ugly


Ugly von Scott Westerfeld. Es wurde mir schon häufiger ans Herz gelegt und ich dachte, wenn ich es schon mal in der städtischen Bücherei ausleihen kann, entsteht mir auch kein Verlust, wenn es nicht gut ist. Ja, ich war nicht sonderlich davon überzeugt, das Buch zu lesen - es sei mir verziehen. Young Adult Fiction ist zwar nach wie vor das Genre, das ich zu quasi 90% lese, aber leider ist es auch jenes, in dem ich am meisten Enttäuschungen erfahre. Ich bin nicht mehr die Zielgruppe und merke das leider viel zu schnell. Trotzdem nahm ich es mit und hatte es recht schnell durch, oh Wunder.

Die Äußerlichkeiten (ha, Witz!) vorweg: Das deutsche Cover ist super. Wer auch immer bei Carlsen auf die Idee gekommen ist, es zu benutzen, hat dem ganzen Buch damit einen riesigen Gefallen getan. Dieses Gesicht gilt in der Geschichte als hässlich und muss dem Ideal angepasst werden. Die Augen sind zu klein, die Nase noch zu groß, die Lippen haben den falschen Grad an Fülle und vor allem sind zu viele Sommersprossen auf der Haut.
Nun zum Inhalt wiederum von amazon:
Tally kann ihren 16. Geburtstag kaum erwarten, denn dann steht die für alle vorgesehene Schönheitsoperation an. Sie wird von einer Ugly zur Pretty werden, in New Pretty Town leben und keine Sorgen mehr haben. Tallys Freundin Shay dagegen sträubt sich gegen die Operation. Sie will nicht, dass andere über sie bestimmen. Als Shay flüchtet, lernt auch Tally die hässliche Seite der Pretty-Welt kennen. Denn die Behörden stellen sie vor eine furchtbare Wahl ...
Potential! Sehr viel Potential sogar! Klappentexte gehören mit zum ersten Eindruck und dieser eröffnete mir, dass durchaus etwas geschehen könnte, das mir gefällt.

Leider kam der Earth-Girl-Phänomen zurück und biss mir in die Hacken: nach den ersten Sätzen wollte ich schon aufhören.
Für Tally ist alles in ihrem Ugly-Leben schlecht. Der Himmel mag im allerersten Satz zwar rosa (?) sein, aber für sie hat er die Farbe von Katzenkotze. Ja, wörtlich. Und, nein, ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie diese Farbe genau aussieht, sorry. Spinat erweckt bei mir eine Farbassoziation, aber bei Katzenkotze hört es dann auf. Woher jemand, der vielleicht ohne Tiere aufgewachsen ist, besser etwas mit dem Wort verbinden kann als ich, ist mir schleierhaft.
Solange Tally es kann und bereit ist, ihr Wissen mit uns zu teilen, sollte ich darüber nicht zu sehr nachdenken, weshalb ich trotz dieses wunderbaren ersten Eindrucks weiter gelesen habe.

Die Uglies, das sind Teenager. Bis man 12 wird, ist man ein Winzling (ich glaube, so werden sie genannt, lasse mich da aber gerne belehren), der bei seinen Eltern wohnt. Danach ist man für vier Jahre ein Ugly.
Da fangen meine Probleme bereits an. Menschen entwickeln sich unterschiedlich und bei jedem setzt die Pubertät an einem anderem Zeitpunkt ein. Einige kriegen ihren ersten Pickel mit zehn, andere haben niemals einen. Normal. Hier wird schrecklich verallgemeinert. Wieso ist das, was man jemandem bisher durchgehen lassen hat, weil er ein Winzling war, plötzlich schlimm genug, um ihn als Ugly zu qualifizieren? Es hängt ausschließlich mit dem Alter zusammen, aber egal. Egal! Ich versuche zu viel in dieses Szenario zu lesen, weil es sich mir einfach so sehr entzieht. Immerhin bedeutet bei uns 18 zwar auch Volljährigkeit, keinesfalls jedoch geistige Reife.
Also, Winzlinge, Uglies, Pretties. An seinem 16. Geburtstag entrinnt man dem grausamen Schicksal als Ugly weiterleben zu müssen (OP sei Dank), Zugunsten eines Lebens im Partyrausch. Neue Pretties müssen wirklich den ganzen Tag nichts anderes machen als zu feiern. Ihre hübschen Köpfe dienen keinem Zweck mehr außer hübsch zu sein. Beim geneigten Leser schrillen hier bereits alle Alarmglocken, bei den Charakter nicht, weil sie damit aufgewachsen sind.
Nachdem man Pretty geworden ist, wird man irgendwann Mittel-Pretty. Man hat einen Job, ein Kind, sowas. Erwachsen, ist man dann wohl, weil es so vom Staat gewünscht ist. Später wird man dann Runzlig (Spät-Pretty? Ich weiß es nicht mehr, weil sie keine Rolle gespielt haben).
Soweit so gut. Dieses System erschien mir merkwürdig, aber das tun Kastensysteme auch.

Wie zu erwarten ist, gibt es viel Drama - und das nicht nur wegen der Farbe des Himmels.
In Uglyville ist alles schlecht. Schließlich lebt man nur dort, wenn man Ugly ist. Man wohnt in einem Wohnheim und... und... spielt Streiche. Geht man auch zur Schule? Ich glaube, etwas in der Art wurde mal erwähnt, aber da kann mich auch meine Erinnerung trügen. Jedenfalls hat man Ugly-Spaß, der natürlich kein richtiger Spaß ist, weil man kein/e Pretty ist.
Diese Denkweise ist einfach und schleppt sich durch die erste Hälfte des Buches. Tally ist da wirklich ein gutes Beispiel für eine Ugly. Sie will unter allen Umständen Pretty werden, wofür sie ja nichts weiter tun muss, als auf ihren nächsten Geburtstag zu warten. In ihrem Kopf gibt es nur diesen einen Wunsch und das Bedürfnis, Streiche zu spielen, weil alle Uglies das machen. Es wird erwartet. Es gibt keine Bestrafung.
Hier appelliert der Autor eindeutig an die Wünsche von Jugendlichen. Man möchte den ganzen Tag Unsinn machen können, ohne etwas befürchten zu müssen. Man möchte auch, wenn man die Pubertät hinter sich gelassen hat, wunderschön sein.
Bei einem Streich lernt Tally schließlich Shay kennen, die unter gar keinen Umständen und niemals nicht Pretty werden will. Tally kann das nicht verstehen, weil das Leben als Pretty doch so erstrebenswert ist, schließlich... ist man dann hübsch. Mehr Vorteile hat das Leben als Pretty nicht, soweit man als Leser erfährt. Man ist hübsch, Ende. Natürlich gehören dazu auch die schönen Klamotten und die Partys, aber mehr als hübsch ist man als Pretty nicht, daher ja auch der Name.
Warum Shay eine Ugly bleiben will, ergibt sich auch schnell: ein Junge.
Den ungefähren Plot des Buches konnte man an dieser Stelle natürlich schon voraussehen und mehr will ich auch gar nicht verraten. Nur, dass noch ein wenig Thriller eingestreut wird und ein wenig Umweltschutz. Wir, die Rusties, waren es schließlich, die schlimme Dinge getan haben wie Bäume für Wärme oder Papier zu fällen.
Und genau hieraus hätte der Autor mehr machen können. Viel interessanter als Tallys Geschichte hätte ich die Zeit des Übergangs gefunden. Was ist mit den Rusties geschehen, das sie dazu verleitet hat, eine neue Gesellschaftsordnung einzuführen, in der alle mit ihrem 16. Geburtstag hübsch gemacht werden? Es wird angedeutet, klar. Man wollte das Mobbing wegen des Aussehens unterbinden, indem man alle gleich machte leider auch alle gleichermaßen weiß, wie mir erst jetzt auffällt. Alle sollten die gleichen Chancen haben, weil alle gleichermaßen hübsch sind.
Mehr kommt dazu aber nicht. Das ist die Rechtfertigung, die Tally uns hinknallt und mit der wir zu leben haben. Der noble Gedanke, der allem zugrunde steht. Er wird nur nicht weiter ausgeführt.
Leider kann ich mir auch keinen Charakter vorstellen. Nicht die hässlichen Uglies, die nur auf eine Eigenschaft reduziert werden, und nicht die wunderschönen Pretties, die ja an sich alle gleich aussehen, oder wenigstens sehr ähnlich. Unsere liebe Tally schielt. Ihre Haarfarbe wurde auch mal erwähnt, ist mir aber entfallen. Ihr "bester Freund" Peris hatte vor seiner Operation eine große Nase. Shay ist zu dünn und hat volle Lippen. Im Sinne der Geschichte macht es natürlich durchaus Sinn, jede einzelne Figur auf ein bis zwei Merkmale zu beschränken. Aber für mich als Leser war es einfach unzureichend. Die Zielgruppe mag in der Lage sein, sich und seine Freunde/seinen Schwarm auf die Figuren zu projizieren, mir ist das zu dürftig. Vor allem, wenn doch alle Uglies per Definition fast nur aus Makeln bestehen müssen.

Alles in allem war es ein Buch, das sich schnell und einfach lesen ließ (sämtliche Probleme mit der einfachen Satzstruktur, der Wortwahl, etc. schiebe ich der Einfachheit halber auf die Übersetzung). Es reizt mich aber nicht genug, um die anderen Bücher der Serie noch zu lesen.
Nett war es trotzdem, wenn man sich denn erst daran gewöhnt hat, auf jeder Seite zu lesen, wie toll das Leben als Pretty ist, weil... weil... es toll ist,

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