Dabei ist mir auch erst aufgefallen, dass Alecs ältester Bruder auch Jon heißt. D'oh!
Die Stille im Haus war drückend, wenn man sich an das
Geschnatter und Gelächter der Leute erinnerte, die vor wenigen Stunden erst
gegangen waren. Man hatte sich hier zusammengefunden um sich selbst zu feiern,
wie es üblich war. Früher hatte Alec das auch noch verstanden, schließlich
gehörte er zu jenen privilegierten Personen des Empires, die glaubten, sie
hielten alles am Laufen. Aber dem war nicht so.
Er packte ein weiteres Paar Hosen ein, das seine besten
Tage schon hinter sich hatte, ehe er das Gewicht seiner Tasche überprüfte. Sie
durfte nicht zu schwer werden, sonst konnte er sie nicht den ganzen Weg
mitnehmen. Und der Weg war gar nicht so kurz wie er zuerst vermutet hatte.
Alec war davon ausgegangen, dass die Ehrenwerten Brüder
Layla in einer Kirche in der Nähe einsperren würden, wo man ihr dann den
Prozess machen konnte. Aber sie war in die Schwebende Festung gekommen, die
eine Konstante im Himmel über London war. Somit wusste er auch, wohin ihn das
Schicksal nun führte.
Leise öffnete er die Tür zu seinem Raum, den er nun für
sehr lange Zeit nicht mehr sehen würde, und schlüpfte in die Stille des Hauses
hinein. Als Kind hatte er das mit seinen älteren Brüdern häufiger getan. Doch
als sie älter geworden waren, hatte sich das Verhältnis zwischen ihnen
verändert. Es wurde nicht mehr gespielt. Sie standen im Konkurrenzkampf zueinander,
obwohl das von Vater so nicht vorgesehen war. Jeder Sohn war gleichermaßen am
Unternehmen beteiligt, damit es nicht zu Streitigkeiten kommen konnte. Aber
Alec war niemals in der Lage gewesen mit den wichtigen Kennzahlen zu jonglieren
wie Jon oder mit Geschäftspartnern zu sprechen wie Chris es tat. Er war unter
den einfachen Arbeitern glücklicher gewesen als in der oberen Etage, in die er
eigentlich gehörte. Deshalb war es überhaupt nicht schlecht, dass er von hier
verschwand.
Weil er zu Layla wollte.
Sie war unschuldig an allem und es war ja auch gar nichts
geschehen, wenn man es nur richtig betrachtete.
Dass sie sich einer Tat schuldig gemacht hätte, wäre ihr
gemeinsamer Plan erst richtig ins Rollen gekommen, konnte Alec gut ausblenden,
weil es dazu einfach nicht gekommen war. Zum Glück. Er erinnerte sich gut an
die vielen Worte, mit denen er versucht hatte, ihr die ganze Sache wieder
auszureden. Aber sie war so verbohrt gewesen in ihrem Hass auf Menschen wie
Herbert Spencer, dass sie alles von sich hatte abprallen lassen.
Und nun war sie eine Gefangene der Ehrenwerten Brüder in
deren Festung in den Wolken Londons.
Alec wusste noch nicht, wie er es überhaupt schaffen
sollte, an sie heran zu kommen, doch ihm würde schon etwas einfallen. Vorerst
musste er nur aus dem Haus und Brighton verschwinden. Einige Freunde hatten ihm
den Weg nach London geebnet, wo er innerhalb weniger Tage auch eine Anstellung
erhalten würde. Wo, das war ihm vollkommen egal. Es war erst mal nur wichtig,
dass er die Stadt überhaupt erreichte, ohne einen Rattenschwanz an
Verpflichtungen für ein Unternehmen im Hinterkopf zu haben. Vater und seine
Brüder würden sich schon darum kümmern, genau wie sie es immer taten.
Die Treppe hinunter in die Räume, in denen man
unbehelligt Gäste empfangen konnte, war Alec unzählige Male gegangen. Sich nun
bewusst zu sein, dass man es erst in einigen Monaten oder sogar nie wieder tun
würde, war merkwürdig. Konnte er zurückkehren, wenn er Layla erst aus der Schwebenden
Festung geholt hatte? Wahrscheinlich nicht. Alexis Pierce würde es in dem
Moment nicht mehr geben, in dem er aus der Haustür trat und allem den Rücken
kehrte, was er in Brighton hatte.
Xander Park,
das war der Name, den er sich bereits ausgesucht hatte. Wer Xander war, würde
sich mit der Zeit herausstellen müssen.
Er öffnete die Haustür und blickte noch einmal zurück.
Herrenhäuser wie dieses würde er so schnell nicht wieder bewohnen, dabei kannte
er nichts anderes. Aber Layla war wichtiger. Ohne Layla war er nicht komplett.
Tief einatmend machte er den ersten Schritt über die
Schwelle und nahm sich vor, dass sein altes Leben ihm ab genau dieser Sekunde
egal sein musste. Nur eines daraus musste zählen. Nur Layla, deren Freundschaft
ihm aus zu vielen einsamen Stunden geholfen hatte.
Wow!
AntwortenLöschenErst einmal ist es toll mehr von Alec und seinem früheren Leben zu erfahren. Ich finde du hast dabei auch die Stimmung und alles, was so in ihm vorgeht, ganz ganz toll eingefangen. Hier sieht man auch noch mal, oder eher spürt man auch noch mal, warum er sich in seiner Familie nicht am richtigen Platz gefühlt hat und wie unterschiedlich die Brüder doch alle sind.
Besonders gelungen finde ich auch die Spannungskurve, die du in dem kurzen Text so wundervoll aufgebaut hast. Man hat wirklich das Gefühl zusammen mit Alec wegzulaufen.
Schön, dass es dir gefällt. Es hat richtig Spaß gemacht, Alec in den Mittelpunkt zu stellen. <3
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