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[Überblick]

Nachdem hier zuerst nur die Beiträge zu einer 50 Themes Challenge geordnet wewrden sollten, habe ich versucht, auch alle anderen kreativen T...

17.09.2025

[46 Triangle]

 Dass ich mit der Zeit Charaktere so liebgewinnen konnte, die es vor der Challenge nur in Nebensätzen - oder auch gar nicht gegebene hatte - überrascht mich immer noch.

Christopher war nur Alecs Bruder und fand ursprünglich nur gelegentlich Erwähnung.

Angelique war immer als ein POV-Charakter geplant.

Elrica entstand, weil ich mir für den ersten Post zur Challenge eine Protagonistin ausdenken musste, die den bestehenden Kanon ihrer Geschichte nicht zu sehr durcheinanderbringen sollte. Witzig, wie wichtig sie seither in jeder Planung wurde.


Christopher stand schräg hinter mir, gekleidet in die Galauniform, die ich bisher nur wenig an ihm gesehen hatte. Weiße Hosen in schwarzen Stiefeln, dazu ein blauer Mantel mit goldenen Knöpfen, was erstaunlich gut mit meinem Kleid harmonierte, das von blau und weiß mit goldenen Akzenten gekennzeichnet war.

Er war nach wie vor der verkehrte Pierce, doch ich merkte, wie wir uns immer mehr heimliche Blicke zuwarfen, wenn es die Situation auch nur einigermaßen erlaubte. Seit dieser einen Begegnung, über die wir nicht sprachen, hatte sich eine Vertrautheit zwischen uns eingeschlichen, mit der ich mich nicht so wohlfühlen sollte. Er war mein Wachmann, ein Freund, den ich nicht haben sollte, aber kein Vertrauter in dem Sinne, den man mir an meinem eigenen Hof zusprach.

Seit einer knappen Stunde saß ich in der Kälte des Winters und schaute den Soldaten unter mir bei einer Parade zu meinen Ehren zu. Geburtstage hatten mir nie viel bedeutet, doch jetzt hatte sich das ändern müssen. Als Königin wurde ich gefeiert, ob es mir gefiel oder nicht. Ein kleiner Trost waren die Suppenküchen, die auf mein Geheiß zu diesem Ereignis in der Stadt eröffnet wurden, um jeden teilhaben zu lassen. Ein Zeichen der Schwäche, sagten meine Kritiker laut. Verschwendung des Geldes der Krone aus Sentimentalität. Von den Ehrenwerten Brüdern instrumentalisiert war ich laut ihrer Meinung ja seit Beginn meiner Regentschaft und dies sei nur ein weiterer Beweis dafür.

Die Soldaten nahmen ihre letzte Formation ein, nach der eine Reaktion von mir erwartet wurde, die nicht vorgeschrieben war, sich jedoch am Protokoll orientieren musste. Bereits bei meinem letzten Geburtstag war das der Teil gewesen, der mir am meisten Bauchschmerzen bereitet hatte.

Ich stand langsam auf, was hoffentlich anmutig aussah, und klatschte mit meinen behandschuhten Händen. Applaus gehörte zu den Dingen, die mir nicht verboten waren, wie ich vor einigen Wochen überrascht festgestellt hatte. Das von anderen Leuten als mir ausgesuchte Publikum stimmte mit deutlich mehr Enthusiasmus ein. Sie durften auch pfeifen und weniger zurückhaltend sein als ich, bei mir konnte das jederzeit als Verfehlung gewertet werden.

Als mein Applaus verstummte, dauerte es nur einen Augenblick, ehe niemand mehr zu klatschen wagte.

Ich verließ die Tribüne, auf der ich als Ehrengast und Gastgeberin gesessen hatte, und ließ mich von Christopher wieder zurück in den Palast führen, wo ich alsbald für den nächsten Tagespunkt hergerichtet werden würde: den Geburtstagsball.

„Sie wollen, dass du einen Gatten findest, oder?“, fragte Christopher leise hinter mir. Er musste dabei nicht aussprechen, wen er meinte.

„Durchaus.“

„Die Gästeliste beinhaltet einige gut situierte Männer im heiratsfähigen Alter und von hohem Rang. Ich gehe davon aus, du hast keinen von ihnen hier haben wollen.“

Ein Kopfschütteln, mehr wagte ich nicht zu antworten.

Wir erreichten bald meinen Ankleideraum, in den ich lugte. Es war noch niemand da, also zog ich Christopher mit mir hinein.

„Ich soll mich vermählen, damit mein Mann die Regentschaft an meiner statt übernimmt. Natürlich nicht zu öffentlich, schließlich ist mir die Macht von Gott gegeben worden, aber er soll mich lenken. Das ist der Plan. Und wenn aus dieser Verbindung männliche Erben hervorgehen, ist es sicher der Wunsch aller, dass ich alsbald die Krone an den Thronfolger abtrete. Wenn ich nicht gewillt bin, das zu machen, lässt sich ein kleines Attentat arrangieren.“

Während Christopher meine Worte sinken ließ, ging ich zu dem Kleid, das ich am Abend tragen würde. Ich hatte mich erfolgreich gegen eine Monstrosität in pudrigen Rosatönen durchgesetzt und würde ein elegantes Jadegrün tragen. Die Damen hier hingen noch ein wenig an Puderfarben, aber in Paris waren Edelsteinfarben gerade im Aufwind, was sämtliche Schattierungen deutlich kräftiger machte, als ich es aus den letzten Jahren kannte.

„Es gibt so viele junge Frauen in der höheren Gesellschaft, die dich um die Bälle und Kleider und Aufmerksamkeit und noch vieles andere beneiden. Wenn sie wüssten, wie wenig Macht du über dein eigenes Leben hast, ginge es ihnen da anders, denke ich.“

Ich hörte, wie er zu mir kam, und spürte seine Hand auf meinem Oberarm.

„Hilfst du mir aus diesem Mantel?“, fragte ich ein wenig heiterer als das Thema es gebot.

Er kam um mich herum, zog seine Handschuhe aus und öffnete dann die großen Knöpfe, die ich durchaus auch selbst öffnen konnte. Aber mir war die Nähe zwischen uns gerade mehr als willkommen.

„Wirst du denn heute nach einem jungen Herrn Ausschau halten?“, fragte Christopher beiläufig, als er am letzten Knopf ankam.

„Nicht mehr als sonst. Also, nein, werde ich nicht. Aber irgendwann wird mir jemand vorgesetzt, denn als Königin kann ich nicht zu lange ungebunden bleiben.“

Er ging um mich herum und nahm mir den Mantel ab. Meine Schultern fühlten sich bedeutend leichter an.

„Du wirst dennoch ein Mitsprachrecht haben, oder etwa nicht?“

Ich schaute ihm zu, wie er meinen Mantel aufhängte, ehe er seinen über eine Stuhllehne legte.

„Meine Vermählung dient einzig politischen Zwecken. Wer auch immer mein Gemahl wird, er wird seinen Zweck erfüllen, für sein Reich und meines.“

„Also wirklich keinerlei Gefühle.“

„Wenn ich Glück habe, ist er nicht unausstehlich.“ Ich seufzte. „Ich sollte mir doch heute einen der Junggesellen genauer ansehen und dann einfach in die ganz enge Wahl nehmen. Besser ich suche mir selbst aus, mit wem ich gewissen Pflichten nachgehen muss, als dass ich am Ende mit einem Prinzen verheiratet werde, der nicht einmal des Lesens mächtig und dazu noch überaus rüpelhaft ist.“

Meine Handschuhe legte ich auf die Schultern der Puppe, an der mein Abendkleid hing.

„Und wie wäre…“, Christopher zögerte. „Du hast doch sicher schon einmal eine morganatische Ehe in Betracht gezogen. Wegen Alec.“

Seine hellen Augen musterten mich vorsichtig.

„Natürlich habe ich mir kurz derlei romantische Gedanken gemacht, aber nicht wegen Alec.“

Bei Alec hatte ich noch alles in diese Richtung aus meinem Kopf verbannt. Der Wunsch ganz frei entscheiden zu können, war erst danach wirklich in mir gereift.

„Weshalb-“

Weiter kam Christopher nicht, denn die Tür ging auf und Elrica kam mit einigen anderen Damen in das Zimmer hinein.

„Majestät“, sagten die Damen wie aus einem Munde zur Begrüßung.

„Du musst jetzt gehen“, sagte Elrica resolut zu Christopher, der sich dem sogleich nach einer kurzen Verbeugung fügte. Es war eh ungehörig gewesen, solange mit mir in einem Raum bei geschlossener Tür zu verweilen. Ich fühlte mich davon ein wenig erleichtert, denn so musste ich ihm nicht die Frage beantworten, die er mir gerade hatte stellen wollen. Er musste nicht wissen, dass es Momente gab, in denen ich mir mehr als diese eine heimliche Begegnung zwischen uns wünschte.

Für mich war es unmöglich, ihn noch näher an mich heranzulassen, und für ihn war ich doch nur Ablenkung, wenn Elrica nicht in der Nähe war. Zwischen ihnen schien zwar etwas vorgefallen zu sein, aber ich konnte mir nicht denken, dass sich seine Gefühle ihr gegenüber verändert hatten. Eine Ablenkung wollte ich nicht sein, dafür besaß ich zu viel Stolz.

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