Ich hatte eine so tolle Idee, die ich einfach umsetzen musste. Aber sie artete aus! Eigentlich bräuchte ich allein für diese Idee eine eigene Geschichte von mehr als hundert Seiten - was erklärt, warum sie sich einfach nicht in so wenig Zeichen erzählen ließ.
Die Charaktere sind aus ihren Universen gerissen und in einem fremden neu zusasmmengewürfelt worden. Geschlechter wurden geändert, Familienverhältnisse ebenfalls und im Falle Casey sogar der Charakter. Sie ist ein wenig zu garstig geworden, aber sie ist nur Nebencharakter und ich hatte nicht viel Zeit, immerhin sollte das ja heute noch fertig werden. Irgendwie fühle ich mich an letzten November erinnert, wo ich immer in den letzten Minuten des Tages noch mein Wortpensum für den NaNoWriMo erfüllen musste.
Ich hätte doch die schnulzige erste Idee nehmen sollen, in der ich einfach Fluff geschrieben hätte. Schön wär's gewesen! Aber nachdem ich schon 1500 Wörter für diesen
Inspiration für diesen Text bekam ich übrigens von Bildern, die ich anno dazumal mit einem Dressup-Game gemacht habe - und die ganz am Ende zu finden sind.
Die
Leute gingen an ihr vorbei. Die meisten unter ihnen würdigten sie nicht eines
einzigen Blickes, doch jene, welche sie anschauten, hielten wie von selbst ein
wenig mehr Abstand. Das kannte Rhapsodia nicht anders. Sie strich in aller Ruhe
eine Falte aus ihrem schwarzen Kleid, das ein Erkennungszeichen dafür war, dass
sie eine Magierin war, und beobachtete weiter den Mann, der an einem Stand mit
Obst stand.
Er
war es, da war sie sich sehr sicher. Er passte auf die dürftige Beschreibung:
groß, dunkle Haare, jugendliches Aussehen, schwarze Augen. Wenn er nicht der
Traumdieb war, dann wusste Rhapsodia auch nicht weiter. Immerhin waren schwarze
Augen ziemlich selten, da konnte er es doch eigentlich nur sein! Es störte sie
nur, dass er zu jugendlich aussah, doch wenn sie Momo richtig verstanden hatte,
dann nutzte er die gestohlenen Träume nicht nur, um sich an ihnen zu
bereichern, sondern um aus ihnen etwas zu gewinnen, das ihn verjüngte. Dumm
nur, dass sie Momo gerade nicht fragen konnte, da diese sich Linchen geschnappt
hatte und verschwunden war. Wohin, wollte Rhapsodia nicht so genau wissen. Und
was sie machten noch viel weniger.
Sie
beobachtete ihn noch einige Minuten von ihrer Position aus, schaute dabei zu,
wie er Einkäufe auf dem Markt tätigte. Manchmal verlor sie ihn aus den Augen,
versuchte dann jedoch immer, das, was ihre Sicht versperrte, schnell aus dem
Weg zu kriegen. Zur Not auch mit einer leichten Handbewegung, durch die sich
das störende Objekt ein paar Ellen zur Seite bewegte. Aber immer unauffällig,
sie wollte nicht beschuldigt werden, sie würde Magie einsetzen, obwohl sie das
tunlichst zu vermeiden hatte. Im Notfall durfte sie es tun, wenn jemand ihre
Hilfe brauchte. Aber selbst dann nur, wenn sie keine Gesetze brach. Aber jetzt
hatte sie ja keines gebrochen, den Gegenständen und Leuten fiel es nicht weiter
auf, dass Magie im Spiel war. Ersteren besonders nicht.
Was
sollte sie machen? Würde er sich mit ihr unterhalten wollen, wo sie doch als
Außenseiterin gezeichnet war? Natürlich konnte sie einen Versuch wagen,
immerhin kannte er sie nicht, doch dieser Schritt war sehr wichtig. Für sie war
es eigentlich nicht mehr als eine Aufgabe, die sie zu einem Abschluss bringen
musste wie viele andere zuvor, doch für Momo, Casey und Alaiya war es viel mehr
als nur das. Momo war eines der Opfer, hatte ihre Träume an den Traumdieb
verloren. Ihre beiden Freundinnen waren seither mit ihr auf der Suche nach
Rache durch die Lande gezogen. Sie mochten ihre eigenen Motive haben – Alaiya
schien eine Verschmähte des Traumdiebes zu sein und Caseys Sinn für
Gerechtigkeit ließ eigentlich gar nicht zu, dass sie einer Freundin nicht half.
Der Traumdieb hatte sich auch gerade eine Frau aussuchen müssen, die aus einem
Kämpferdorf kam. Gerade das. Da war es ja kein Wunder, dass sein Opfer ihn
verfolgte, immerhin waren Momo, Alaiya und Casey dazu erzogen worden, sich
gegen Feinde durchzusetzen. Mit allen Mitteln und ohne Reue zu kennen.
Rhapsodia
schüttelte den Kopf. Sie musste Dinge tragen, die sie als Magierin auswiesen,
wohingegen ein ganzes Dorf voller Tötungsmaschinen vollkommen unbehelligt Rache
nehmen durfte. Nein, nein, ihre drei Freundinnen waren gute Menschen, ganz
anders als man sie sich vorstellte. Nicht kalt. Nicht brutal. Nicht
blutrünstig. Jedenfalls, wenn sie einem gut gesinnt waren.
Mit
diesen Gedanken war aber immer noch nicht geklärt, wie sie nun fortfahren
sollte. Sie schaute den jungen Mann an, der wahrscheinlich der Traumdieb war.
Ja, Casey hatte gesagt, er habe ein hübsches Gesicht. Ja, Alaiya hatte ihn als
wirklich außerordentlich ansehnlich beschrieben. Ja, Momo hatte gesagt, sie
wolle ihm die Eingeweide herausreißen und ihm dann in den Mund stecken.
Er
kannte sie nicht, das war Rhapsodias großer Vorteil. Sie würde ihn aushorchen
können, den anderen berichten, was sie erfahren hatte – und dann versuchen,
Momo davon abzuhalten, diesem Mann den Bauch aufzuschlitzen.
Tief
durchatmend ging sie auf ihn zu, sah Leute, die ihr auswichen.
„Ihr
könnt Euch wohl nicht so recht entscheiden“, sagte sie etwas zu forsch.
Er
wandte sich ihr zu, schaute sie verwirrt an. Seine dunklen Augen musterten sie
einige Sekunden lang, die ihm ausreichten, um einen Schritt nach hinten zu
machen. Der große Traumdieb, der nicht davor zurückschreckte, den Zorn der
Kriegerinnen auf sich zu ziehen, fürchtete sich also vor Magiern. Interessant.
„Das
seht Ihr ganz recht“, erwiderte er, „ich bin neu hier und habe mich noch nicht
an die Auswahl an Obst gewöhnt. Aber sagt, wie seid Ihr auf diese Idee
gekommen?“
„Nun“,
Rhapsodia hob eine Birne aus einem Korb, reichte dem Verkäufer beiläufig eine
Münze, „ich habe Euch von dort hinten aus beobachtet. Ich beobachte gerne Leute
hier, weil es sich als sehr interessant erweisen kann, doch heute war ein eher
flauer Tag. Deshalb seid Ihr mir so aufgefallen.“
Lächelnd
gab sie dem Traumdieb die Birne und sah zufrieden, wie er diese unsicher hin
und her drehte, ohne sie anzuschauen.
„Wirklich?“
Auf seinen Wangen zeichnete sich eine zarte Röte ab.
„Ja,
Ihr seid auffällig – natürlich nicht im negativen Sinne. Ihr seid groß, das
zieht Blicke mehr auf sich als schwarze Kleider und Muster, die eine junge Frau
als Magierin ausweisen.“
„Also
seid Ihr wirklich eine Magierin?“, fragte er, machte diesmal jedoch einen
Schritt auf sie zu und lächelte vorsichtig.
Das
verwirrte sie. Erst Abstand halten und sich dann freuen, dass sie tatsächlich
jemand war, mit dem nur wenige etwas zu tun haben wollten? Wahrscheinlich würde
sich niemand einen Dreck darum scheren, wenn er die Träume einer Magierin
stahl.
„Wenn
Ihr deswegen nicht mit mir sprechen wollt, dann müsst Ihr es nur sagen und ich
behellige Euch nicht weiter.“
„Nein,
ich habe nur noch nie mit jemandem wie Euch gesprochen, das ist alles. Mir
wurde beigebracht, jemand wie Ihr wäre gefährlich und würde sich auch so
anfühlen.“
Nun
grinste sie. „Ist dem nicht so? Wirke ich nicht gefährlich auf Euch?“
„Im
Gegenteil! Ihr wirkt sogar sehr liebenswert! Ähm… ich meine… hm…“ Sein Gesicht
wurde ein weiteres Mal rot, als er begriff, was er gerade gesagt hatte. Echte
Schüchternheit oder nur ein Schauspiel?
„Ich
danke Euch für dieses Kompliment und würde es gerne in gleicher Weise erwidern,
aber das gehört sich sicherlich für anständige Frauen in meinem Alter nicht,
weshalb ich es nicht mache.“
Er
zog die Stirn kraus, lächelte dann übers ganze Gesicht. Oh ja, das bisschen
Charme, das sie hatte, konnte sie bei ihm ganz gut einsetzen.
„Es
gehört sich wirklich nicht, einem Mann ein Kompliment zu machen, das nicht
seine Fähigkeiten hervorhebt.“
„Eure
Fähigkeiten kann ich jedoch noch gar nicht-“
„Rhapsodia!“,
rief eine Stimme, zu der sie sich sofort umdrehte.
„Ist
das Euer Name? Rhapsodia?“
„Ja,
das ist er, aber-“
„Da
bist du ja!“ Rhapsodia entdeckte Casey, die sich zwischen einigen alten Damen
hindurch drängelte. Sie trug wie gewöhnlich schwarze Hosen und ihren ebenfalls
schwarzen Brustpanzer über einem grünen Leibchen. Die Zeichnungen auf ihren Schultern waren zu sehen, da sie
auf den Schulterschutz verzichtet hatte. Ihre kurzen blonden Haare waren
zerzaust und die grauen Augen fixierten Rhapsodia.
„Er
ist hübsch.“
„Vielen
Dank, ich mag meinen Namen auch…“, sagte Rhapsodia abwesend, während sie Casey
einen fragenden Blick zuwarf.
„Ich
habe schon überall nach dir gesucht!“, sagte Casey, als sie sie erreicht hatte,
„Du wolltest doch am Brunnen auf mich warten, weil ich…“ In dem Moment schaute
sie zum Fremden, den sie erkannte, aber nicht so aussah, als sei er der
gesuchte Traumdieb. Verdammt! Da hatte Rhapsodia sich anhand der mehr als
spärlichen Beschreibung vertan! „Ich habe nicht erwartet, hier auch auf Euch zu
treffen. Wie geht es Euch?“, fragte Casey lächeln an den Fremden gewandt.
„Gut,
ich bin gerade auf Reisen, aber das dachtet Ihr Euch sicher bereits. Wie war
noch gleich Euer Name? Casey?“
„Ja,
genau das ist er. Und Ihr seid Maythaniel, wenn ich mich recht erinnere?“
„Das
stimmt.“
„Wunderbar“,
ging Rhapsodia dazwischen, verschränkte die Arme vor der Brust, „Dann kennen
wir jetzt ja jeder den Namen des anderen. Aber woher kennt ihr euch?“
Casey
lächelte selig vor sich hin, als sie sagte: „Das erkläre ich dir später. Jetzt
müssen wir dringend in die ‚Herberge‘ zurück, weil es neue Informationen gibt,
zu – na, du weißt schon.“
Herberge
war natürlich ein Ausdruck, der einem leichter über die Lippen kam als ‚Puff‘ –
eine der wenigen Institutionen in jeder Stadt, die sich nicht dafür
interessierte, dass ein weiblicher Gast ein Magier war, wenn er denn nur genug
Geld hatte. Woher das kam, verrieten die anderen Rhapsodia jedoch nicht.
„Muss
das wirklich jetzt sein?“
„Sei
nicht bockig und komm mit!“
Seufzend
nickte Rhapsodia. „Nun gut, wie es aussieht, habe ich keine andere Wahl, als
meiner geschätzten Freundin zu folgen. Dennoch würde ich mich sehr freuen, Euch
beizeiten noch einmal über den Weg zu laufen, Maythaniel.“
„Nachdem
Ihr mich beobachtet habt, meint Ihr“, antwortete dieser grinsend.
„Vielleicht
auch ohne-“
„Ja,
gut, bis dann!“, unterbrach Casey den Satz und zog Rhapsodia am Arm weg. Als
sie außerhalb von Maythaniels Hörweite waren, sagte sie: „Was sollte das denn?“
„Und
was soll das hier?“, stieß Rhapsodia hervor, riss sich von Casey los, „Ich mag
die Jüngste von uns sein, aber ich bin kein Kind mehr!“
„Nur,
weil du sechzehn bist, bist du auch nicht erwachsen! Du solltest auf uns hören,
statt immer zu tun, was dir beliebt, Fräulein! Ich habe dich gefragt, was das
sollte!“
Missmutig
schaute Rhapsodia in eine andere Richtung und schwieg sich aus. Sie würde
früher oder später sicherlich darüber reden, alleine schon, um die anderen nach
einer richtigen Beschreibung des Traumdiebes zu fragen, doch nun wollte sie
darüber kein Wort verlieren. Warum es sie so sehr traf, dass Casey ihren
Plausch mit diesem Maythaniel unterbrochen hatte, wusste sie nicht. Wenn er
nicht der Mann war, den sie suchten, dann gab es für sie auch keinen Grund,
sich mit ihm zu unterhalten. Oder immer noch an seine sanften Gesichtszüge und
die schwarzen Augen zu denken.
„Gut,
sei bockig, wenn du das lieber willst!“, sagte Casey grimmig, „Das lässt dich
zwar nicht erwachsener erscheinen, aber das ist ja nicht mein Problem!“
Alaiya
flocht ihre frisch gewaschenen roten Haare zu einem Zopf, während Linchen sich
auf dem Bett ausstreckte. Sie sah müde aus. Ihre violetten Augen hielt sie
geschlossen, spielte mit einer Strähne ihrer langen blonden Haare, die sie
heute zu zwei Zöpfen trug.
Momo
saß auf dem Boden neben dem Bett und zählte das Geld. Womit sie es wohl verdient
hatte? Es war so wie immer: Niemand sagte ein Sterbenswort über die Herkunft
des Geldes, sodass Rhapsodia nur Theorien blieben. Es könnte gestohlen sein.
Linchen könnte es mit ihrer Musik verdient haben. Oder sie hatten irgendeinen
Mordauftrag angenommen – was tagsüber sicher nicht besonders wahrscheinlich
war. Oder aber Linchen und Momo hatten ihre Körper für ein paar Münzen
hergegeben. Vielleicht wollte Rhapsodia es auch nicht wissen.
Casey
blätterte in dem Buch herum, das sie seit sie sich kennen gelernt hatten
zehnmal durchgelesen haben musste. Es war bis auf alle Dinge, die man auf einer
Reise brauchte, der einzige persönliche Gegenstand gewesen, den Rhapsodia
jemals in ihren Händen gesehen hatte. Was für ein Buch es war, hatte sie noch
nicht gefragt, aber auch da war sie sich nicht sicher, ob es sie wirklich
interessierte.
„Hat
jemand die Pferde gefüttert?“, fragte Momo munter – zu munter für ihre
Verhältnisse – in die Runde.
„Ja“,
grummelte Casey, ohne den Blick von den Seiten zu nehmen, die sie zu schnell
weiterblätterte, um auf ihnen etwas erkennen zu können, „ich habe das gemacht,
ehe ich unser Prinzeschen suchen gegangen bin.“
„Ich
habe dich nicht gebeten, nach mir zu schauen“, sagte Rhapsodia trotzig.
„Und
ich habe dich nicht gebeten, den Platz zu verlassen, auf dem du warten
wolltest!“, erwiderte Casey.
„Hört
doch auf zu streiten“, Alaiya war es wohl genug, „Casey, du wolltest uns doch
irgendetwas über den Traumdieb sagen.“
„Er
ist zwei Städte weiter gesehen worden. Vor sieben Tagen. Und er wollte in diese
Richtung aufbrechen, was bedeuten kann, dass wir ihm bald über den Weg laufen
werden. Wenn ich daran denke, wem wir heute begegnet sind, dann finde ich es
sogar noch wahrscheinlicher.“
„Wen
meinst du?“, fragte Momo, die das Geld in einen Lederbeutel rutschen ließ.
„Maythaniel.“
Linchen
schlug ihre Augen auf, Momo steckte leise den Geldbeutel weg, Alaiya nahm die
Finger aus ihren Haare. Rhapsodia biss sich auf die Unterlippe. Irgendetwas war
hier nicht in Ordnung, ganz und gar nicht in Ordnung. Alle schienen den Namen
zu kennen, nur sie mal wieder nicht. Sogar Linchen, die noch nach ihr zu den
anderen dreien gestoßen war, war der Name ein Begriff.
„Er
ist hier? Bist du dir auch ganz sicher?“, hakte Alaiya nach.
„Ja,
die Kleine hat sich nett mit ihm unterhalten, ich konnte sie gerade noch davon
abhalten, mit ihm ins nächste Gebüsch zu verschwinden!“
„Das
ist eine dreiste Unterstellung, Casey, ich würde sowas niemals mit einem
Fremden tun! Ich habe mich nur mit ihm unterhalten, weil ich glaubte, er sei
der Traumdieb. Auf eure Beschreibung hat er gepasst, aber das tun vielleicht
mehr Männer, als ihr denkt!“
„Reg
dich doch nicht auf“, sagte Linchen beschwichtigend, „Casey meinte es nicht
so.“
Oh
doch, sie hatte es so gemeint, das hatten ihr Ton und ihr ernstes Gesicht
deutlich gemacht. Es schien einen Grund zu geben, warum sie ihr nichts sagten.
Welchen nur?
„Gut,
dann rege ich mich nicht auf, aber dann müsst ihr mir endlich mal Hinweise
geben, mit denen ich auch etwas anfangen kann. Ich suche nach einem
gesichtslosen Phantom!“
„Du
hast wenigstens schon mal seinen Bruder gefunden, also war unsere Beschreibung
wohl nicht ganz so schlecht“, sagte Momo
leise, dann sprach sie lauter weiter, „Wenn du weiter Ausschau halten willst,
dann muss du dir jemanden in Maythaniels Größe vorstellen, ein paar Jahre
älter, Bartstoppeln im Gesicht, eine Stupsnase, Hundeblick. Der Hals des
Traumdiebs ist breiter als der von Maythaniel, seine Haare dunkler. Hast du
schon ein Bild vor Augen?“
„Nein“,
erwiderte Rhapsodia kurz angebunden.
„Dann
wirst du ab morgen eben irgendetwas machen, während Alaiya und Casey sich der
Sache annehmen. Halte dich nur von Maythaniel fern! Die ganze Familie ist
gefährlich, auch dieser freundliche Junge bildet da keine Ausnahme!“
„Und
was machst du zusammen mit Linchen? Warum erzählt mir das nie einer?!“
„Weil
es dich nichts angeht! Wir machen es so, wie ich es gerade gesagt habe – oder
hast du irgendein Problem damit?“
„Nein!“
Wäre
sie doch bloß niemals mit den drei Frauen mitgegangen, denen sie auf ihrer
Reise begegnet war. Dann wäre sie jetzt alleine unterwegs und müsste sich nicht
von den älteren Frauen herum schubsen lassen.
Alaiya
war zwölf Jahre älter als Rhapsodia, Casey hingegen nur noch sieben! Dass sie
überhaupt tat, was die anderen wollten, war nur ein Zeichen dafür, dass sie es
gewohnt war, Befehle zu befolgen. Immer schon hatte sie das tun müssen, um zu
zeigen, dass Magier keine schlechten Menschen waren. Selbst die Idee, ihr
Heimatdorf zu verlassen, war nicht ihre gewesen, nein, jemand hatte ihr gesagt,
sie solle es machen. Was sie nun, da die Wut langsam verpuffte, am meisten
traf, war die Erkenntnis, dass Casey sie für ein leichtes Mädchen hielt. Nur
weil sie mit einem Fremden Mann sprach, dem sie dabei aus Berechnung schöne
Augen machte! Gut, das war vielleicht nicht die feine Art gewesen, aber immer
noch kein Grund, ihr zu unterstellen, sie würde sich verhalten wie eine-
„So
sieht man sich wieder“, sagte eine Stimme hinter ihr, „Rhapsodia ist Euer Name,
nicht wahr?“
Das
konnte doch nicht sein, das konnte doch nicht-
„Maythaniel!“,
sie drehte sich zu ihm um, musste sofort lächeln, „Es ist schön, Euch
wiederzusehen, unser Abschied beim letzten Mal war ja doch etwas plötzlich.“
„Eure
Freundin wollte etwas mit Euch besprechen, es sei Euch also verziehen.“
Rhapsodia
schaute ihm in die Augen und fragte sich, was wohl der Grund dafür war, dass
sie diese seltene Färbung zeigten. Bis sie auf Momo getroffen war, hatte sie
niemals schwarze Augen gesehen – und Momo hasste ihre. Auch hierfür gab es
wieder einen Grund, den Rhapsodia nicht erfahren hatte. Verdammt noch mal,
hatten die anderen ihr eigentlich jemals irgendetwas erklärt? Und warum zum
Teufel gab sie sich überhaupt damit zufrieden?! Das musste sie ändern! Wenn sie
alle wieder in ihrem Zimmer waren, dann würde Rhapsodia Antworten einfordern!
Warum suchten auch Casey und Alaiya nach dem Traumdieb? Woher kam das Geld?
Wieso hasste Momo ihre Augen und die dunkle Färbung um ihr linkes Auge so sehr?
Was bedeutete das lilafarbene Muster in Linchens Gesicht? Und so weiter und so
fort. Es gab hunderte ungeklärte Fragen!
„Ihr
seid in Gedanken. Was bedrückt Euch denn?“, fragte Maythaniel
Er
war ein Fremder, das musste sie sich vor Augen halten. Ein Fremder, der gerade
Dinge von ihr wissen wollte, die ihn nichts angingen. Aber das kümmerte sie gar
nicht. Ihr war so, als kannte sie ihn schon ihr ganzes Leben lang.
„Ich
würde Euch nur damit langweilen“, wich sie seiner Frage aus. Die anderen hatten
recht, irgendetwas war an ihm, dem sie sich nicht entziehen konnte. Es war
nicht sein Äußeres, das ihr durchaus zusagte, und auch nicht seine samtene
Stimme oder die Tatsache, dass er nicht vor ihr zurückschreckte. Aber was dann?
„Warum redet Ihr eigentlich mit mir, Maythaniel? Ich bin nicht umsonst eine Ausgestoßene.“
Er
kratzte sich am Kopf, schaute in den Himmel. „Ich kenne mich mit Ausgestoßenen
aus, das müsst Ihr mir glauben.“ Sein Bruder? „Außerdem seid Ihr es gewesen,
die auf mich zugegangen ist. Ganz ohne Scheu. Das hat mir imponiert. Ich bin…
eher schüchtern.“
„So
wirkt Ihr gar nicht.“ Jedenfalls im Moment nicht.
„Hähä“,
er lachte gequält, blickte überall hin außer zu ihr, „Tja, das macht dann wohl
die Übung. Wollt Ihr Euch vielleicht ein wenig mit mir unterhalten? Ich bin
fremd hier, das habe ich Euch ja schon gesagt, und ich hätte wirklich nichts
dagegen, mit jemandem zu reden. Und Euch kenne ich ja bereits.“
Sie
überlegte, ob sie ablehnen sollte, fand aber keinen zwingenden Grund. Was
interessierte sie Caseys Warnung, die ohne Begründung gegeben worden war?
Ihre
Tage verliefen alle in einem ähnlichen Muster. Aufstehen, hinausgehen, nichts
zu tun haben, sich mit Maythaniel treffen. Sein Bruder war immer noch nicht in
der Stadt aufgetaucht, was Rhapsodia nichts ausmachte. So konnte sie wenigstens
Zeit mit diesem bekannten Fremden verbringen, mit dem man so einfach über die
unwichtigsten Dinge reden konnte. Sie unterhielten sich über was immer ihnen
einfiel, lachten und scherzten miteinander, sodass Rhapsodia beinahe wirklich
vergaß, dass sie ihn kaum mehr als drei Tage kannte. Er war charmant und
witzig, hatte keine Furcht vor ihr und kaufte ihr Köstlichkeiten, wann immer er
die Möglichkeit hatte.
Wenn
sie nach Hause kam, hörte sie den anderen zu, die sich fragten, ob ihre
Information nicht verkehrt gewesen war und der Traumdieb gar nicht in diese
Stadt kommen wollte, doch sie trug nichts zu diesen Unterhaltungen bei. Es
reichte ihr. Da ihr ja eh niemals irgendetwas erklärt wurde – nachgefragt hatte
sie nicht, sie fand, es war nicht ihre Aufgabe, das zu tun – musste sie sich
auch nicht mit diesem Problem beschäftigen. Außerdem war sie bisher keine große
Hilfe gewesen, außer dass sie den Bruder des Traumdiebes erkannt hatte.
Von
dem hatte Maythaniel bisher noch gar nicht gesprochen, wie von dem Rest seiner
Familie auch nicht. Rhapsodia hatte das Thema mal angeschnitten, doch er war
schnell auf ein weiteres gekommen. Das war ihr auch egal. Es war ihr sowieso
inzwischen erstaunlich viel egal. Das war ein ganz netter Zustand. Sprang ihr
jemand in den Weg, dann kümmerte es sie nicht. Fiel ihr etwas hinunter, zuckte
sie nur mit den Schultern.
Maythaniel
war ihr nicht egal. Er war toll.
„Es
ist richtig schön hier draußen“, sagte sie leise, lehnte sich an seinen Arm,
„Die Nacht ist so klar. Ich wusste gar nicht, dass es solche Plätze wie diesen
hier überhaupt in solch einer Stadt gibt!“
Ihr
Hals tat ihr weh, aber das beachtete sie nicht weiter.
„Du
musst dich eben ein wenig von den Straßen entfernen, um ihn zu entdecken“,
antwortete er müde, „Ich habe ihn auch nur zufällig entdeckt und dachte, ich
zeige ihn dir.“
Sie
saßen auf einer kleinen Anhöhe, betrachteten die Sterne, schmiegten sich
aneinander. War sie vorhin überhaupt mal in ihrer ‚Herberge‘ gewesen, um den
anderen zu sagen, dass sie noch weggehen würde? Genau wusste sie es nicht mehr.
Eigentlich wusste sie auch nicht mehr, wann sie überhaupt das letzte Mal bei
ihnen gewesen war. Interessierte es sie? Nein. Sie wollte hier mit Maythaniel
sitzen, in die Sterne schauen und die Luft genießen. Die ihr eigentlich zu kühl
sein müsste, doch sie fror nicht, was ungewöhnlich war. Eigentlich war sie
nämlich ziemlich empfindlich, was Kälte betraf. Unwichtig.
Ihr
Atem klang rasselnd. Hoffentlich hörte Maythaniel es nicht!
„Ich
mag dich“, flüsterte er, zog sie noch etwas näher an sich heran.
Das
hatte sie doch von ihm hören wollen, genau das, seit sie ihn das erste Mal
gesehen hatte. Wirklich? Eine Stimme in ihrem Kopf wollte sie warnen, sagte
ihr, sie habe in ihm den Mann gesehen, dem sie niemals begegnen wollte, dass Casey
recht hatte und er gefährlich war – doch dieser Stimme hörte sie nicht zu.
Warum sollte sie? Stimmen im Kopf lagen immer falsch, das wusste doch jeder.
Auf seinen Bauch musste man hören, weil der viel eher wusste, was gut für einen
war.
„Ich
dich auch“, antwortete sie mit Verspätung.
Wieso
fiel es ihr so schwer, ihre Gedanken zu ordnen? Welche waren zuerst da gewesen
und welche erst später gekommen? Etwas war hier doch nicht richtig! Sie konnte
nur nicht sagen, was es war.
„Das
habe ich gehofft, meine Schöne.“
Rhapsodia
hustete trocken, etwas lief hier falsch! Sie kriegte keine Luft mehr, würgte, wollte
etwas sagen, bekam keinen Ton heraus. Maythaniel schaute sie an, strich ihr mit
einer Hand sanft über den Rücken, während die andere sich zwischen ihre Brüste
legte. Er versuchte ihr zu helfen, genau das, etwas anderes hatte sie auch
nicht erwartet. Ihr wurde schwindelig.
„Ganz
ruhig, es ist bald vorbei.“ Seine Stimme klang fremd und als würde ein
Windhauch sie von weit weg zu ihr tragen. Trotzdem war sie irgendwie
beruhigend. Solange er bei ihr war, würde ihr nichts geschehen können. „Leg
dich hin und entspann dich, dann wird es sicherlich bald vorbei sein. Wenn du
so verkrampfst, dann ist das nicht gut für dich.“
Ob
sie noch hustete, würgte oder überhaupt noch an Atemnot litt, konnte Rhapsodia
nicht sagen. Sie hörte nur noch Maythaniels Stimme, tat genau, was er sagte.
Sie musste sich entspannen, an schöne Dinge denken, wenn es nicht sofort
funktionierte. Dann schloss sie die Augen.
Casey
schaute auf den leblosen Körper hinab. Er hatte es verdient und doch tat er ihr
leid.
„Rhapsodia,
wach wieder auf“, bemühte Linchen sich, doch die Augen der Kleinen öffneten
sich nicht.
„Ich
habe sie doch gewarnt!“, meinte Momo, die Blut von ihren Armen wischte, was nicht
besonders half. Ihre ganze Kleidung war voll davon, was man aufgrund der roten
Farbe des Stoffes zum Glück erst auf den zweiten Blick sah.
„Du
hast ihr nur nicht gesagt, warum sie sich ihm nicht nähern soll“, erklärte
Alaiya ruhig, „Es muss sich für sie angehört haben, als wäre es einfach, weil
er mit Skye verwandt ist.“
„Irgendwie
ist das ja auch der Grund, oder nicht?“, Casey drehte die Leiche um, schaute
sich das hübsche jungenhafte Gesicht an.
„Ihr
habt mir nie gesagt, was es mit dieser Familie auf sich hat“, sagte Linchen,
strich durch Rhapsodias Haare.
„Es
waren drei Brüder“, begann Momo, „Skye, der älteste, Licah, der mittlere, und
Maythaniel, der jüngste. Sie sind alle mit dem Zeichen geboren worden.“
„Zeichen?“
„Die
schwarzen Augen“, fügte Casey hinzu, „Sie kommen nicht aus unserem Dorf, doch
die schwarzen Augen sind eine Gefahr.“
„Aber
Momo hat doch-“
„Das
ist mein Problem, meine Augen wurden schwarz, als der älteste, der Traumdieb,
mich überfallen hat. Alle, denen er die Träume stiehlt, haben danach ebenso
schwarze Augen wie er, das ist unser Zeichen.“
„Der
mittlere Bruder, Licah“, fuhr Alaiya fort, „er war nicht ganz bei Sinnen. Doch
manchmal war er ganz klar im Kopf. Er war der Sinnesdieb. Er stahl anderen
Leuten ihre geistige Klarheit, was dazu führte, dass sie sich in den Tod
stürzten, erhängten oder erschossen. Für einen Moment, in dem er die Welt so
wahrnahm wie sie ist, musste ein Mensch geopfert werden. Es hat ihn noch wahnsinniger
gemacht, dass das der Preis war, also nahm er sich in einem dieser klaren
Momente das Leben.“
Casey
ging in die Knie, schloss Maythaniels Augen. Er sollte sie nicht aus seinem
leblosen Gesicht vorwurfsvoll anstarren.
„Maythaniel
war ein ebenso tragischer Fall wie sein ältester Bruder. Skye braucht die
Träume, die er stiehlt, nicht wirklich um zu überleben. Licah hätte auch als
Verrückter ein passables Leben führen können. Maythaniel tat, was er tat, ohne
sich später daran zu erinnern. Wir sind ihm mehrfach begegnet, haben
mitbekommen, wen er umgebracht hat, doch er wusste es danach nie. Er wäre
morgen in der Früh aufgewacht, hätte sich so gesund gefühlt wie noch nie und sich
nicht einmal an Rhapsodia erinnert. Er war der Herzensdieb – und das nicht im
übertragenen Sinne.“
Linchen
nickte, doch Casey wusste, dass Alaiyas Erklärungen merkwürdig klingen mussten.
„Das
ist so“, griff sie deshalb ein, „er lebte, im wahrsten Sinne des Wortes, von
Herzen junger Frauen, die sich in ihn verliebt hatten. Was sie wiederum nur
taten, weil er ihre Herzen brauchte. Es ist ein Kreislauf. Wenn ihm jemand in
der Zeit, in der er ein neues Herz brauchte, gefiel oder auch nur auffiel, dann
verfiel er ihm. Oder vielmehr sie,
immer sie. Die Mädchen mochten ihn einfach, ohne es sich erklären zu können.
Ich habe ein Mädchen gesehen, das schien nur noch für ihn und von ihm zu leben.
Es aß nicht einmal mehr.“
„So
wie Rhapsodia nicht mehr mit uns gesprochen hat?“
„Genau
so. Die Körper, die er zurückgelassen hat, waren immer übel zugerichtet: der
Brustkorb auf- und das Herz herausgerissen. Er musste es essen.“
„Ihr
hättet ihn doch schon längst umbringen können!“
Casey
schaute zu Alaiya, dann zu Momo.
„Er
war niedlich“, sagte letztere zögerlich, „Er stand schon seit seiner Geburt
unter Beobachtung und für die Bewohner unseres Dorfes gab es keinen Grund, ihm
sein Leben zu nehmen, da wir keinen Auftrag diesbezüglich bekommen hatten.
Außerdem wurde der Abstand zwischen seinen… Mahlzeiten immer größer. Er hätte
einfach niemals aus seinem Dorf gelassen werden dürfen.“
„Moment,
wie alt ist er denn? Ihr klingt, als wäre er schon-“
„Mitte
dreißig, oder?“, fragte Momo, doch Casey zuckte nur mit den Schultern, „Das ist
wie mit den Träumen: die Herzen hielten ihn jung. Vielleicht zu jung. Es ist
eben einfacher, an die Beute im richtigen Alter zu kommen, wann man selbst noch
jung aussieht.“
Wie
sollten sie Rhapsodia diesen ganzen Schlamassel nur erklären, wenn sie wieder
aufgewacht war?
http://www.rinmarugames.com/playgame.php?gameid=196
Ich bitte, diesen hirnlosen Eintrag zu entschuldigen. Das war der größe Dreck, den ich jemals geschrieben habe, fürchte ich. Und dafür habe ich auch noch fremde Charaktere missbraucht...
Die einleitung, die keine ist, nimmt zu viel Platz in Anspruch, der Rest ist einfach nur noch dahingeschmiert, damit ich fertig werden. Oh je. Nie wieder solche Ideen für eine Challenge. Nie wieder! Am schlimmsten ist die "Infobox" am Ende. FAIL!
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